Experimentelle und numerische Untersuchungen der Schmierspaltströmung in einem Gleitlagermodellprüfstand

Projektlaufzeit:

12/2010 - 05/2013

Projektleitung (Organisationseinheit):

Prof. Dr. Peter Stücke (Fakultät Kraftfahrzeugtechnik)

Projekttyp:

WHZ-Forschungsprojekt

Kontakt:

Prof. Dr. Peter Stücke

+49 (375) 536 3444
peter.reinkefh-zwickaude

Kooperationspartner:

Forschungskuratorium Maschinenbau e. V., Forschungsvereinigung Verbrennungskraftmaschinen e. V., Brandenburgische Technische Universität Cottbus, Universität Kassel

Fördermittelgeber:

AiF

Situation

In der Fakultät für Kraftfahrzeugtechnik untersucht die Arbeitsgruppe Strömungsmechanik unter Leitung von Professor Peter Stücke technische Strömungen experimentell im Labor und mit Hilfe dreidimensionaler numerischer Simulationsmethoden. Für die Simulationsrechnungen stehen ein Rechencluster mit 96 Kernen und mehrere Workstations für Pre- und Post-Processing zur Verfügung. Es werden Open-Source-Programme (Open-FOAM) und kommerzielle Software (StarCD® und Converge®) verwendet. Hydrodynamisch geschmierte Gleitlager finden auf Grund ihrer Verschleiß- und Laufeigenschaften in vielen Technologie- und Industriesegmenten ihr Einsatzgebiet. In den letzten Jahren wurden zahlreiche experimentelle sowie numerische Untersuchungen bezüglich der konstruktiven Auslegung, der Belastbarkeit sowie der Lebensdauer durchgeführt. Die Strömungsverhältnisse in einem hydrodynamischen Gleitlager werden allgemein durch die Navier-Stokes-Gleichungen und die Kontinuitätsgleichung beschrieben. Durch Vereinfachung lässt sich hieraus die zweidimensionale Reynolds’sche Differentialgleichung ableiten, auf deren Basis die aktuell zur Verfügung stehenden Gleitlagerberechnungsprogramme arbeiten. Zur Lösung der Reynolds’schen Differentialgleichung liegen effiziente und schnelle Lösungsverfahren vor, die für die Praxistauglichkeit unverzichtbar sind und unter anderem deren hohen Verbreitungsgrad erklärt. Bei der Beschreibung von Strömungsvorgängen an Nuten, Schmiertaschen und Ölversorgungsbohrungen stößt die Verwendung dieses zweidimensionalen Berechnungsverfahrens prinzipbedingt an seine Grenzen. Genauere Kenntnisse über die dort vorherrschenden Strömungsverhältnisse liegen bisher nicht vor. Treten zudem Kavitationseffekte an diesen Stellen auf, steht derzeit kein geeignetes Berechnungsverfahren zur Analyse und Bewertung der Strömungsverhältnisse zur Verfügung.

Aufgabe

Gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Aerodynamik und Strömungstechnik an der BTU Cottbus und dem Institut für Maschinenelemente und Konstruktion an der Universität Kassel wird das Forschungsvorhaben 3D-CFD Gleitlagerströmung bearbeitet. Ziel ist die Untersuchung der dreidimensionalen Strömung im Gleitlagerspalt im Hinblick auf die Entstehung von Kavitation. Die Arbeitsgruppe Strömungsmechanik hat hierbei die Aufgabe, die neu entwickelten numerischen Verfahren zur Berechnung der dreidimensionalen Schmierspaltströmung in Gleitlagern durch experimentelle Meßdaten zu validieren und das Berechnungsmodul für das Einsetzen der Kavitation unter den besonderen Bedingungen der Schmierspaltströmung für die Projektpartner zu entwickeln.

Ergebnis

Im Rahmen des Forschungsprojektes wurde ein Gleitlagermodellprüfstandes (Abbildung 5) basierend auf realen Geometriedaten eines Gleitlagers im Modellmaßstab 3:1 konstruiert und gefertigt. Ein wichtiger Aspekt für das Gleitlagerexperiment ist die Zugänglichkeit des Schmierspalts für optische Meßtechnik, um sowohl qualitative als auch quantitative Daten zu generieren, die für den Vergleich mit den numerischen Ergebnissen benötigt werden. Neben der geometrischen Ähnlichkeit, die durch die maßstäbliche Übertragung der Lagerdaten konstruktiv abgebildet ist, wird die dynamische Ähnlichkeit eingehalten, indem im Experiment die Strömungsverhältnisse so eingestellt werden, dass die Reynoldszahl dem realen Lager entspricht. Im feststehenden Außenzylinder aus Acrylglas befinden sich die Ölzuführbohrung und die Ölversorgungsnut. Der Außenzylinder kann bei Bedarf gegenüber dem Innenzylinder in exzentrischer Stellung positioniert werden. Zum Einstellen der Exzentrizität dienen die radial angebrachten Messschrauben. Der Außenzylinder wird auf einem Drehtisch mittels Spannpratzen fixiert. Durch die Befestigung auf einem Drehtisch ist es möglich, Geschwindigkeitsmessung an unterschiedlichen Winkelpositionen durchzuführen, ohne das LDA auf einer Kreisbahn traversieren zu müssen. Das LDA ist an einem X-Y-Traversiersystem befestigt und kann mit hoher Genauigkeit per Koordinatenvorgabe über dem Spalt positioniert werden. Im rotierenden Innenzylinder befindet sich eine Ölabführbohrung. So werden die realen Durchströmungsvorgänge im Gleitlager abgebildet, wo die zugeführte Ölmenge sowohl über die Lagerenden als auch über eine Abführbohrung in der rotierenden Welle abfließt. Ein externer Ölversorgungskreislauf sichert die präzise Einstellung der Teilölströme. Ein wesentlicher Unterschied zwischen Prüfstand und realem Gleitlager ist die relative Spaltweite zwischen rotierender Lagerwelle und feststehender Lagerschale. Am Prüfstand beträgt die Spaltweite 1 bis 6 mm, um eine ausreichende optische Zugänglichkeit für die Geschwindigkeitsmessung mittels LDA (Laser-Doppler-Anemometer) zu schaffen.

Die Geschwindigkeitsprofile können so mit einem handelsüblichen LDA Punkt für Punkt erfaßt werden. Dabei wird die Ähnlichkeit der Strömung sichergestellt, indem die Reynoldszahl im Experiment im dem realen Gleitlager übereinstimmt. Die im Experiment gemessenen Daten dienen zur Verifikation der numerischen Simulationsmodelle. Dabei werden punktgenau gemessene Geschwindigkeitsprofile über dem Schmierspalt mit Profilen aus der Numerik verglichen, siehe Abbildung 6. Zum Vergleich globaler Strömungsverhältnisse kommt im Experiment die Methode der Farbvisualisierung zum Einsatz. Damit werden komplexe Strömungsstrukturen und dynamische Vorgänge aufgezeichnet und als digitales Bild oder als Film abgespeichert. Im Post-Processing werden aus den berechneten Simulationsdaten Streichlinienabbildungen generiert (siehe Abbildung 7). Über diesem qualitativen Vergleich ist möglich, den Aufbau der dreidimensionalen Struktur der Strömung im Gleitlagerspalt und die natürliche laminare Ausbildung sehr genau zu überprüfen.